Für den von einer minderjährigen Person verursachten Schaden haftet gem § 1309 ABGB der Aufsichtspflichtige, wenn er seine Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt hat und ein Kausalzusammenhang zwischen diesem Verstoß und dem Schaden besteht. Die Aufsichtspflicht kann aus dem Gesetz (Obsorgepflicht, insb der Eltern) oder einem Rechtsgeschäft (zB Tagesmutter, Kindergarten) folgen. Der Aufsichtspflichtige kann die Aufsicht haftungsbefreiend einer anderen (geeigneten) Person überlassen.
Neben dem in § 1309 ABGB geregelten Fall der Schädigung eines Dritten durch das Kind spielt das nach denselben Kriterien zu beurteilende Ausmaß der Aufsichtspflichten auch im Fall der Selbstschädigung des Kindes oder der Schädigung des Kindes durch einen Dritten eine Rolle, wenn dafür (auch) fehlende Beaufsichtigung ursächlich war. Im ersten Fall haftet der schuldhaft handelnde Aufsichtspflichtige, ohne dass er sich auf ein Mitverschulden des zu beaufsichtigenden Geschädigten berufen könnte; im zweiten Fall haften der schädigende Dritte und der Aufsichtspflichtige solidarisch für den Schaden, weshalb der Aufsichtspflichtige bei Inanspruchnahme des Dritten diesem grundsätzlich (teil-)regresspflichtig sein kann. Als Mitverschulden kann die Sorgfaltswidrigkeit des Aufsichtspflichtigen dem Schadenersatzanspruch des Kindes nicht entgegengehalten werden.
Ob die Unterlassung einer schadensverhindernden Maßnahme (neben Überwachung und Begleitung kommen Verbote, das Wegschließen gefährlicher Gegenstände und in den Grenzen des § 161 ABGB auch (Zwangs-)Maßnahmen wie An-der-Hand-Halten oder "Hausarrest" in Betracht) eine Aufsichtspflichtverletzung darstellt, wird nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt. Kriterien für die gebotene Aufsichtsintensität sind nach der Rsp neben dem Alter, der Entwicklung, den Eigenarten und dem bisherigen Verhalten des Kindes sowie dem Ausmaß der situationsbezogen vorhersehbaren Gefahren auch die Lebensumstände des Aufsichtspflichtigen, insb seine wirtschaftliche Lage und seine Belastung durch Geschäfts- oder Berufspflichten und andere familiäre Verpflichtungen (zB die Betreuung weiterer Kinder). Zusammengefasst geht es einerseits um die Vorhersehbarkeit und das Ausmaß des Risikos einer Schadenszufügung und andererseits um die Möglichkeit und Zumutbarkeit schadensvermeidender Maßnahmen für den Aufsichtspflichtigen.
Eine zentrale Rolle bei der Beurteilung spielt das Alter. Während die Rsp bei Kleinkindern noch tendenziell eine ständige und rigide Überwachung fordert, ist anerkannt, dass Kinder mit zunehmendem Alter immer größere Frei- und Erlebnisräume für ihre Entwicklung benötigen und die Aufsichtsintensität daher zurückgehen muss. Darüber hinaus sind bei älteren Kindern auch die Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtspflichtigen geringer.
Nach der Darstellung der Grundsätze gibt der Beitrag mit einer nach Alter gegliederten Tabelle einen ausführlichen Überblick über die bisher ergangene Judikatur zur Aufsichtsintensität.