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Während bei der Vorwärtsberechnung von Fristen ausgehend vom fristauslösenden Ereignis das künftige Fristende ermittelt werden soll, läuft eine Rückwärtsfrist von einem bereits bekannten Termin aus in die Vergangenheit. Das praktisch bedeutsamste Beispiel ist die Kündigung mit Frist und Termin, bei der Kündigungserklärung dem Adressaten so rechtzeitig zugehen muss, dass ihm zwischen dem Zugang und dem Auslaufen des Rechtsverhältnisses die volle Kündigungsfrist zur Anpassung zur Verfügung steht. Es gibt aber auch andere Rückwärtsfristen, etwa die zweiwöchige Vorbereitungsfrist auf die Eigentümerversammlung im Wohnungseigentumsrecht, die vom Versammlungstermin aus rückzuberechnen ist.

Ausgehend von meiner Kommentierung im ABGB-Praxiskommentar habe ich in einem in Zak 2014/452 veröffentlichten Beitrag versucht, die Besonderheiten der Rückwärtsberechnung ausführlicher darzustellen. Die Ergebnisse kurz zusammengefasst:

  • Die Berechnung erfolgt grundsätzlich unter spiegelbildlicher Anwendung der Regeln des § 902 ABGB.
  • Es muss zwischen Fristen mit einem Tagesablauftermin (also insbesondere Kündigungsfristen), und Fristen, bei denen ein während des Tags eintretendes Ereignis den Termin bildet (Vorbereitungsfristen), unterschieden werden.
  • Im Fall einer nach Tagen bestimmten Frist ist der Tag des Termins nur bei Kündigungsfristen mitzuzählen. Bei Vorbereitungsfristen startet die rückwärts laufende Frist erst am vorangehenden Tag.
  • Bei Wochen-, Monats- oder Jahresfristen sind in einem ersten Schritt die in § 902 Abs 2 ABGB festgehaltenen Regeln anzuwenden. Diese verweisen bei Wochenfristen auf einen gleichnamigen Wochentag, bei Monats- oder Jahresfristen auf einen Tag mit der gleichen Zahl wie der Termin; fehlt dieser Tag im letzten Monat der Frist, ist der letzte Tag dieses Monats heranzuziehen. Im zweiten Schritt ist zu differenzieren. Im Fall von Kündigungsfristen ist der so ermittelte Tag der letztmögliche Tag, an dem die Handlung noch vorgenommen werden kann, um Frist und Termin zu wahren. Bei Vorbereitungsfristen handelt es sich hingegen um jenen Tag, mit dessen Beginn die Handlung bereits vorgenommen sein muss.
  • Die Ablaufhemmung nach § 903 S 3 ABGB an Ruhetagen (Wochenend- und Feiertagsruhe) ist bei Rückwärtsfristen weder fristverkürzend noch -verlängernd anzuwenden (so im Übrigen auch Art 3 Abs 4 der EG-Fristen-VO 1182/71).

 

Rückwärtsberechnung von Fristen am Beispiel einer Frist von 14 Tagen oder 2 Wochen

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